Gewaltfreie Kommunikation

Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) ist ein Kommunikationsansatz, der von dem amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg in den 1960er Jahren entwickelt wurde. Doch worum ging es Marshall Rosenberg dabei und wie kam er dazu diesen Kommunikationsansatz zu entwickelt?

Sein ganzes Leben lang hat er sich mit der Frage beschäftigt, woher die Gewalt kommt, die uns alle immer wieder umgibt.

Es fing mit seiner Kindheit an, als seine Familie 1943 nach Detroit gezogen ist und er im Alter von 8 Jahren die dort stattfindenden Rassenkrawalle in der Nachbarschaft miterlebte. In der Schule bekam er zu spüren, dass sein jüdischer Nachname Aggressionen bei anderen auslöste. Also ist er der Frage aufgewachsen: Was bringt Menschen dazu, andere zu verletzten?

Gleichzeitig hatte er das Glück, in seiner Familie das genaue Gegenteil zu erleben. Als seine Großmutter sterbenskrank war – sie war am ganzen Körper gelähmt -, kam jeden Abend sein Onkel zu ihnen und hat seiner Mutter geholfen, sich um die Großmutter zu kümmern. Und er konnte sehen, wie er dabei gestrahlt hat; ihn schien das mit tiefer Freude zu erfüllen. Und er dachte: Warum ist das so, warum gibt es Menschen wie meinen Onkel und warum gibt es Menschen, die fähig sind, andere zu töten? Diese Fragen haben ihn begleitet, als er älter wurde.

Er hat Psychologie studiert, weil er dachte, dort würde ich vielleicht etwas über diese Zusammenhänge erfahren. er hat das Studium mit einer Promotion abgeschlossen, aber er hatte nicht wirklich befriedigende Antworten auf seine Fragen gefunden.In der Psychologie hat er gelernt, dass Menschen, die gewalttätig sind, eine Störung haben. Er glaubt, dass dieses eine vereinfachende und gefährliche Perspektive ist, zu meinen, dass Gewalttätigkeit eine Krankheit ist. Er wünschte, es wäre so einfach.Mittlerweile ist er davon überzeugt, dass es um Sprache und Kommunikation geht. Die Antwort auf die Frage nach der Ursache von Gewalt liegt in der Art und Weise, wie wir gelernt haben zu denken, zu kommunizieren und mit Macht umzugehen.

Und so ist es das Ziel der GFK, eine respektvolle und empathische Verständigung zwischen Menschen zu fördern, Konflikte friedlich zu lösen und Beziehungen zu verbessern.

Der Ansatz basiert auf der Annahme, dass alle Menschen grundsätzlich kooperativ und mitfühlend sind und dass problematische Verhaltensweisen und Kommunikationsmuster erlernt sind und daher auch verändert werden können.

Die GFK beruht auf einigen wesentlichen Unterscheidungen:

  • Beobachtung statt Bewertung: Situationen werden objektiv beschrieben, ohne sie zu beurteilen oder zu interpretieren.
  • Gefühle wahrnehmen und ausdrücken: Eigene Gefühle werden erkannt und klar kommuniziert.
  • Bedürfnisse erkennen: Die hinter den Gefühlen liegenden Bedürfnisse werden identifiziert und ausgedrückt.
  • Bitten formulieren: Konkrete, positive und umsetzbare Bitten werden geäußert, um Bedürfnisse zu erfüllen.

Der Prozess der GFK lässt sich in vier Schritte unterteilen:

  1. Beobachtung

In diesem ersten Schritt geht es darum, eine Situation oder ein Verhalten möglichst neutral und objektiv zu beschreiben, ohne es zu bewerten oder zu interpretieren. Statt zu sagen „Du bist immer so unzuverlässig“, könnte man beispielsweise sagen: „Ich habe bemerkt, dass du in den letzten drei Wochen zweimal zu spät zu unseren Verabredungen gekommen bist.“ Dieses unterstützt darin, in der Beschreibung einer Situation keinen Vorwurf zu hören.

        1. Gefühle

        Im zweiten Schritt werden die Gefühle benannt, die durch die beobachtete Situation ausgelöst wurden. Dabei ist es wichtig, zwischen echten Gefühlen und Pseudogefühlen zu unterscheiden. Echte Gefühle beziehen sich auf den eigenen emotionalen Zustand, während Pseudogefühle oft versteckte Vorwürfe Gedanken oder Interpretationen enthalten. Ein Beispiel für ein echtes Gefühl wäre: „Ich fühle mich enttäuscht und frustriert.“ Gefühle sind sehr häufig körperlich wahrnehmbar und beziehen sich immer auf die eigene Person und sind nicht auf eine andere Person in Bezug zu mir.

        1. Bedürfnisse

        Der dritte Schritt besteht darin, die Bedürfnisse zu identifizieren und zu kommunizieren, die hinter den Gefühlen stehen. Bedürfnisse sind universell und nicht personengebunden. Sie zu erkennen und auszudrücken, hilft dabei, die eigenen Motivationen besser zu verstehen und anderen die Möglichkeit zu geben, darauf einzugehen. Ein Beispiel könnte sein: „Ich habe ein Bedürfnis nach Verlässlichkeit und Respekt für meine Zeit.“ Bedürfnisse sind nie Handlungen, sondern immer das, was unsere Handlungen auslöst. Sie zu benennen, hilft dem Gegenüber zu verstehen was uns wichtig gewesen wäre in dieser Situation.

        1. Bitte

        Im letzten Schritt wird eine konkrete, positive und umsetzbare Bitte formuliert. Diese Bitte sollte spezifisch sein und eine Handlung beschreiben, die die Situation verbessern könnte. Wichtig ist, dass es sich um eine echte Bitte handelt und nicht um eine versteckte Forderung. Ein Beispiel wäre: „Könntest du mich bitte informieren, wenn du merkst, dass du es nicht pünktlich schaffst?“ Es ist leicht festzustellen, ob es sich um eine echte Bitte handelt. Wenn die Bitte echt ist, interessiert mich, worum es meinem Gegenüber geht, wenn er meine Bitte abschlägt. Gehe ich aus dem Kontakt, war es eine Forderung.

        Es ist überaus wichtig zu betonen, dass die GFK nicht funktioniert, wenn diese mechanisch angewendet wird. Es geht darum, eine empathische Haltung zu entwickeln und authentisch zu kommunizieren. Mit zunehmender Übung wird der Prozess natürlicher und fließender.

        Vorteile der Gewaltfreien Kommunikation

        Die Anwendung der GFK kann viele positive Effekte haben:

        • Verbesserte Beziehungen: Durch klare und respektvolle Kommunikation können Missverständnisse reduziert und das gegenseitige Verständnis gefördert werden.
        • Konfliktlösung: Die GFK bietet einen Rahmen, um Konflikte konstruktiv anzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden.
        • Selbstempathie: Die Methode hilft dabei, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse besser zu verstehen und zu akzeptieren.
        • Emotionale Intelligenz: Durch die bewusste Auseinandersetzung mit Gefühlen und Bedürfnissen wird die emotionale Intelligenz gefördert.
        • Klarheit: Die strukturierte Herangehensweise der GFK kann helfen, Anliegen klarer und effektiver zu kommunizieren.

        Herausforderungen und Grenzen

        Trotz ihrer vielen Vorteile hat die GFK auch einige Herausforderungen und Grenzen:

        • Zeitaufwand: Die bewusste Anwendung der GFK kann anfangs zeitaufwendig sein und erfordert Übung.
        • Kulturelle Unterschiede: In manchen Kulturen kann die direkte Kommunikation von Gefühlen und Bedürfnissen als unangemessen empfunden werden.
        • Missbrauch: Die GFK kann manipulativ eingesetzt werden, wenn sie nicht authentisch angewendet wird.
        • Grenzen in Extremsituationen: In akuten Gefahrensituationen oder bei schweren Vergehen mag eine direktere Kommunikationsform angemessener sein.

        Die Gewaltfreie Kommunikation ist ein wertvolles Werkzeug zur Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen und zur Förderung eines empathischen Umgangs miteinander. Sie erfordert Übung und die Bereitschaft, sich auf eine neue Art der Kommunikation einzulassen. Mit der Zeit kann sie zu einer natürlichen und bereichernden Kommunikationsweise werden, die sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext von großem Nutzen sein kann. Indem wir lernen, unsere Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Bitten klar und respektvoll zu kommunizieren, schaffen wir die Grundlage für ein tieferes gegenseitiges Verständnis und friedlichere Konfliktlösungen.